Oberlangenraum zu erreichen, steigern Genzsch Heyse nicht nur die Versalien, sondern auch die Ge
meinen fur die Korpus entgegen der Regel iiber die Norm liinaus. Es verbleibt dann nur ein geringer
Oberlangenraum, und da die Unterlange doch nicht gut langer werden kann, als die Oberlange, so
wird auch jene verhaltnismaBig kurz und zwar wiirde diese Unterlange, da das H der Genzsch Heyse-
schen Korpus-Normalschrift 6,8 Punkte groB ist und das Gemeine 5 Punkte miBt, nur 1,8 Punkt betragen.
Der nach Abzug der von Genzsch Heyse verlangten halben Bildstarke der feinen Linie sich ergebende
Unterlangenraum miBt aber 2,88 Punkte. Zieht man die Unterlange mit 1,8 von diesem Wert ab, so
verbleibt ein unbenutzter Raum von 1,08 Punkt. Diese Korpusschrift wiirde demnach ebensogut auf
Bourgeois gegossen werden konnen. Nach Ansicht von Genzsch Heyse soil aber die Schrift auch
kein unnotiges Fleisch haben, denn es verteure die Schrift und sei beim Satz oft im Wege. Auch hierin
liegen Theorie und Praxis bei Genzsch Heyse im Widerspruch (siehe S. 18).
Wie schon wiirde sich da der freie Raum oberhalb des Bildes verwerten lassen, selbst wenn im
Bildverhaltnis nichts geandert wiirde! Wie schon wtirden sich die Versalumlaute gestalten lassen,
ohne daB ihr GroBenverhaltnis zu den andern Versalien wesentiich gemindert wiirde oder Punktkriippel
entstehen, wie das beigedruckte Nonpareill-Romisch jo] von Genzsch Heyse\ Wie lieBen sich die
Accente einer als Bourgeois auf Korpus gegossenen polnischen oder bohmischen Schrift so bequem,
ohne uberzuhangen, auf den Kegel bringen! Und warum dies alles nicht? Weil eine Anzahl alterer
Schriften der Firma Genzsch Heyse zufallig so einigermaBen auf einer Linie mit 2,88 bis 3 Punkten Ab-
stand vom unteren Kegelrand stehen. Das ist doch aber kein Beweis fur die Richtigkeit einer Universal-
linie, die allein fur die Verhaltnisse einer einzelnen GieBerei, sondern fur die Allgemeinheit zu gelten hat!
Und nun noch eins. Wenn man schon einer neuen Sache die Wege ebnen will, wenn man sich neue,
hohere Ziele steckt, so darf man nicht kleinlich am Alten hangen. Man lasse die Vergangenheit und
richte sein Augenmerk hauptsachlich und in erster Linie auf die Zukunft. Was kiimmern uns Schriften,
die zu einer Zeit entstanden sind, als die Zerrissenheit unserer Systemverhaltnisse uns zwang, auf die groBe
Zahl eigner Systeme Rucksicht zu nehmen, als die Bilder unsrer Schriften, um diese auf die meist sehr
kleinen, sogenannten Haussysteme uberhaupt gieBen zu konnen, wesentiich kleiner gehalten werden
muBten. Wozu Rucksicht nehmen auf Schriften, deren Matrizen vielleicht aus England bezogen wurden
und die fur unsere Schriftsysteme ebenfalls meist zu klein im Bilde sind. Heute haben wir es nur mit
einem System, dem deutschen Normalsystem zu tun und dieses, das uns einen wesentiich groBeren
Raum fur das Schriftbild zur Verfiigung stellt, darf allein maBgebend sein, und darum muB das Normal-
schriftliniensystem auch einzig und allein auf dieses zugeschnitten werden.
Diese Betrachtungen fiihren uns nun zu dem Ergebnis, daB die Raum- und Bildverteilungsver-
haltnisse der Buchschriftengruppe des Genzsch //^ys^'schen Systems, insbesondere im Hinblick auf
die Kolonel- und Korpuslinie den praktischen Anforderungen nicht geniigen und daB deren System
in diesen beiden Kegeln notwendigerweise eine Abanderung erfahren muB.
Bei der Feststellung unseres Systems haben wir ganz besonderen Wert auf eine gute Bildsteige-
rung gelegt, und zwar haben wir uns hierbei von ganz bestimmten Regeln leiten lassen, die zu Grunde
gelegt werden miissen, wenn man zu einem wirklich befriedigenden Ziel gelangen soil. Fiir die Bild-
verteilung legen wir, wie anscheinend auch das Berliner System, in den kleinen Graden das Verhaltnis
des goidenen Schnitts zu Grunde und zwar setzen wir dieses Verhaltnis fiir die GroBe der Versalien
und Gemeinen wie 13:21 im Gegensatz zu Genzsch Heyse, die fiir ihre Staffelschrift ein Verhaltnis
von 7:10 angenonimen haben.
Dieses Ietztere Verhaltnis erteiit den Gemeinen ein wesentiich groBeres Bild, als es nach dem
goidenen Schnitt der Fall sein wiirde. Ein gutes Verhaltnis der Gemeinen zu den Versalien wird wohl
meistens innerhalb der Grenzen der beiden angefiihrten Verhaltnisse gesucht werden miissen, denn ein
Hinausgehen iiber ein Verhaltnis von 7:10 diirfte wohl fiir normale Buchschriften nicht in Frage kommen.
In ein bestimmtes, eine Regel in sich schlieBendes Verhaltnis bringen wir auch die Unterlangen
zu den Oberlangen. Wie wir gesehen haben, tragt das System Genzsch Heyse, und auch das Bei liner
System folgt anscheinend dieser Regel, den Unterlangenraum von der oberen Kegelgrenze ab und
bemiBt somit ebenfalls die Unterlange gleich groB wie die Oberlange. Diese den beiden genannten
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