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Nachdem der Buchdruckerlehrling seine Lehr-
zeit, die in der Regel vier Jahre betrug3, hinter
sich hatte, bekam er ein Lehrzeugnis, wurde
aber, obwohl er einen entsprechenden Lohn
bekam, noch nicht Geselle, sondern trat zu-
nachst in den Stand des Cornuten, d.h. ,,Hor-
nertragers". Dieser Zustand wurde auBerlich
mancherorts dadurch gekennzeichnet, dafi iiber
dem Platz, an dem er in der Werkstatt arbei-
tete, ein Cornutenhut, eine lederne Kappe mit
zwei groBen Ziegenbockhornern an den Seiten,
aufgehangt war4. Wahrend der Cornutenzeit
hatte der Gesellen-Anwarter die Pflicht, jede
Woche von seinem Lohn einen bestimmten
Satz, der nicht iiberall gleich war, fiir die Ver-
sorgung der bereits postulierten Gesellen mit
Bier, Branntwein oderWein auszugeben. AuBer-
dem bebielt der Lehrherr einen bestimmten Be-
trag, das Cornutengeld, ein, das dazu dienen
sollte, ihm spater die Kosten fiir die Postulats-
feier vermindern zu helfen5.
Hatte der Postulant sich die Kosten zusam-
mengespart, was unter Umstanden, wenn er
sie aus den blofien Lohnabziigen aufbringen
muBte und kein eigenes Yermogen besaB,
ziemlich lange dauerte, dann wurden sie bar
dem Postulatvater iibergeben.
Ihre Hohe wechselte in den verschiedenen
Gegenden und Zeiten. Sie betrugen, wie sich
aus den erhaltenen Nachrichten ergibt, an
manchen Orten eine ganz exorbitante Summe,
so daB des ofteren weitlaufige Beschwerden
dagegen erhoben wurden. Ein Fall, der sich
in Darmstadt Ende des 18. Jahrhunderts zu-
trug, wird wegen der Folgen, die er mittelbar
zeitigte, etwas ausfiihrlicher zu behandeln sein.
Leider geben die gedruckten von den Verwal-
tungsbehorden erlassenen Innungs-Ordnungen
nicht immer eine zahlenmaBig genaue Aus-
kunft, da sie haufig den Platz fiir die Gesamt-
kosten freilassen, offenbar um amtlicherseits
nicht vorzugreifen und um der Innung die end-
giiltige Bestimmung der Hohe zu iiberlassen.
So besagt z. B. die gemeinsam fiir Leipzig und
Wittenberg 1606 erlassene Ordnung: „Nach-
dem auch biB anhero, wenn man neue Gesellen
bestatiget, grosse Unkosten getrieben, ist vor
nothwendig erachtet, dieselben etlicher maBen
zu moderiren. Und soli hinfiiro derjenige, der
sich zum Gesellen machen und bestatigen will
lassen, in allemFl. baar Geld zu geben
schuldig seyn, und ferner weder mit dem Ein-
lade-Tag, Krantzen, oder Spielleuten beschwe-
ret, sondern damit allerseits verschonet wer-
den. Und sollen die Postulat bey dem Herrn,
da die Jungen gelernet, oder wo es die Gelegen-
heit nicht geben wollte, bey einem andern
Buchdruckerherrn gehalten, und, ohne beson-
dere Ursache, an keinen fremden Ort gelegt
werden. Wenn nun einer allein sein Postulat
verschencken wolte, und nicht Hoffnung ware,
daB noch einer oder mehr in kurtzem darzu
kame, so soli nur eine Mahlzeit angestellt wer
den, darzu allein die Herren und Gesellen, so
damals in Arbeit stehen, ohne die Weibes-
Personen, sollen eingeladen werden. Wie es
nun hiemit anzustellen ware, soli von Herrn
und Gesellen, so zum Fisco oder Laden ver-
ordnet, beratschlaget und geschlossen werden,
darnach sich dann die andern richten sollen,
und keiner darwider reden oder sich setzen,
bey Straffe 1 Fl. in Fiscum"6.
Diese herzoglich-sachsische Ordnung wollte und
muBte anscheinend bei der Unterlassung der
Festsetzung einer bestimmten Summe Riick-
sicht nehmen auf das Bestimmungsrecht der
der Innung vorgesetzten Aufsichtsbehorde, des
Stadtrates. Einesolche Riicksicht fieldann fort,
wenn der Stadtrat selbst die Ordnung rechts-
gultig von sich aus erlassen konnte, wie aus den
AuBerungen der Niirnberger Ordnung vom
7. Februar 1763 hervorgeht, wo es in Absatz
III, Nr. 14 heiBt: ,,Weil auch die Postulata,
oder das Gesellenmachen welche ohne der
Druckherren und Vorgehere Wissen und Con-
sens nicht sollen gehalten werden/ eine Zeithero