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abgehalten, selbige deshalb zu entschadigen
angehalten werden sollen. 4) Im Fall Buch-
druckergesellen, die bereits in hiesigen Landen
oder auBerhalb Landes postulirt baben, sich
irgend einen Vorzug vor andern Gesellen, die
nicht postulirt haben, beylegen oder gar diese
bescbimpfen mochten, erstere nach Befinden
mit drey-, sechs- bis achttagiger GefangniB-
strafe belegt, und in wiederholten Fallen eben
so, als es fur dergleichen Wiederholung und
Hartnackigkeit 3. vorgescbrieben worden ist,
gegen sie verfabren werden soil."
Endlich entscbloB man sich, auch in Sacbsen
reinen Tisch zu machen. Am 21. Mai 1811 er-
schien mit koniglicher Bestatigung im An-
schluB an die General-Innungsartikel eine
neueOrdnung fur die Leipziger Buchdrucker28.
Wenn auch die Strafandrohungen nicht so
drakonisch sind wie in PreuBen, so geniigten
sie doch ihrem Zweck. Sie bestimmt in Arti-
kel 4 und 5,,Nach vollendeter Lehrzeit, es sey
nun, dafi der Lehrling solche vollig ausgestan-
den, oder daB ihm etwas davon erlassen wer
den soil, soli derselbe von seinem Prinzipale
in dessen Druckerey los- und zum Gesellen ge-
sprocben, auch ihm zu gleicber Zeit ein schrift-
liches ZeugniB seiner erlangten Kenntnisse und
seines sonstigen Wohlverhaltens halber aus-
gestellet werden. Dabey sollen alle bisherige
zum sogenannten Postulat gehorige Obser-
vanzen, als aufgehoben und abgeschafft,
ganzlich wegfallen, wie denn auch der in den
ehemaligen Zeiten eingeschlichene MiBbrauch
einen Untersckied zwischen Gesellen und
Cornutis zu statuiren', zumal da hieraus meh-
rere Zwistigkeiten und grobe Ungebiihrnisse
erwachsen sind, in Zukunft ganzlich verboten
seyn soil."
Damit war das Ende des Postulats, nachdem
es 1804 auch inBayern29 beseitigt war, gekom-
men. Nur Hamburg macht eine Ausnahme30.
Nachdem es dort, wahrscheinlich ebenfalls zu
Beginn des 19. Jahrhunderts, als sich all-
gemein eine Abneigung dagegen bemerkbar
machte, aufgehoben war, lebte es im Jahre
1825 allerdings in einer sehr verkurzten Form
wieder auf31. Gemeinsam beschlossen Prinzipale
und Gehilfen, soweit sie noch nicht postuliert
hatten und das war wohl bei der groBten
Mehrzahl beider Kategorien der Fall gegen
Erlegung einer Einstandsgebiihr von 30 M
seitens der Prinzipale und von 10 M seitens
der Gesellen zu postulieren und nicht postu-
lierte Gehilfen nicht mehr zu beschaftigen32.
Die von den Prinzipalen mit den Gehilfen ge
meinsam aufgestellten ,,Gesetzartikel in Be-
treff der Lehrlinge in der Buchdruckerkunst
in Hamburg-Altona" vom 10. Marz 1825 sorg-
ten dafiir, daB auch der Nachwuchs sich dem
Postulat unterzog33. Am 10. Juli des genann-
ten Jahres wurde die erste Postulatsfeier fur
drei ausgelernte Lehrlinge abgehalten: Die
Aufnahme vollzog sich in der Weise, daB in
einer feierlichen Quartalsversammlung einer
der Prinzipale eine Ansprache hielt ,,mit einigen
herzlichen Ermahnungen und Lehren fiir die
Zukunft", sodann wurde eine Erklarung der
vermutlichen Entstehung des Postulats und
der dabei sonst iiblichen ,,Gebrauche und In-
signien" gegeben und darauf jedem Postulanten
ein Exemplar der ,,Postulatsformel" und der
Wahlspruch eingehandigt, worauf nach dem
GenuB von Brot und Salz der Gesellentrunk
getan und mit dem allgemeinen Wunsche ,,Es
bliihe die Buchdruckerei" die Versammlung
geschlossen wurde34. Von einem wirklichen
Postulat im alten Sinne war auch hier nicht
mehr die Rede, sondern das Ganze war eine
Lossprechung mit etwas feierlichen Formen,
wie sie ahnlich auch anderwarts geubt wurde.
Nicht ohne Schuld der Beteiligten war das deut-
sche Handwerksleben um einen jakrhunderte-
alten Brauch armer geworden, ohne daB die neue
Zeit einen gleichwertigen Ersatz zu schaffen
sich als geeignet erwies. Nachdem einmal die
Entartungserscheinungen das an sich gesunde
Blut dieses auf volks- und standestiimlichem
Boden erwachsenen Organismus zersetzt hatte,