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Das neue und bisher noch nicht im Biblio-
theksbau angewandte »vertikale System*, das
zur Zeit die im Bau befindliche Bibliotbek
fur die Yale University in New Haven (Ster
ling Memorial Library) anwendet, soil auch
in Frankfurt versucbt werden.
Wir werden also kiinftig Biichertiirme anstatt
Bodenflache verbraucbender langgestreckter
Magazine linden, Biichertiirme, die in nachster
Nahe der Lesesale und Ausleihen sich be-
finden, so daB die Entfernung des Buches im
Magazin von der Stelle, wo es gebraucbt wird,
aufs auBerste verkiirzt wird.
Sebr wichtig ware ferner die Neuerung, die
Universitatsseminare aufs engste mit der Bi-
bliothek zu verbinden, damit das in ibren
Bibliotbeken vorhandene Material miihelos
durch die Bestande der Zentralbibliotbek Er-
ganzung finden kann, wahrend sie umgekehrt
der Zentralbibliothek mit ihren Bestanden
aushelfen konnen.
Ohne Zweifel wird der Gedanke der Ein-
fiibrung von Biichertiirmen aucb andernorts
erwogen werden, denn es spricht alles dafxir
und nichts dagegen. Die Weitlaufigkeit der
Magazine groBer Bibliotbeken ist oft beklagt
worden, die Langsamkeit der Biiclierzustel-
lung noch weit baufiger. Hier sind Wege auf-
gezeigt, Raum und Zeit zu sparen, und man
wird sie sicher mit Erfolg beschreiten. B.
JOHANN AMBROSIUS BARTH, LEIPZIG,
1780—1930. Leipzig 1930. 203 Seiten. 8°.
Mit zahlreichen Abbildungen
Das 150jahrige Bestehen der Verlagsbuch-
handlung Johann Ambrosius Barth in Leipzig
gab Veranlassung, die Geschichte des Ver-
lages, die bisber nur in aller Kiirze im hun-
dertjahrigen Katalog der Firma bebandelt
war, ausfiihrlich darzustellen. Fiir die Zeit
von 1780—1890, zu welchem Zeitpunkt der
Barthscbe Verlag von Arthur Meiner iiber-
nommen wurde, schrieb Dr. Annemarie Meiner
den Text, wahrend iiber die 40 Jahre bis
1930 der derzeitige Inbaber des Verlags selbst
bericbtet.
Die Grundlage des Barthschen Verlags war
die Haugscbe Buchhandlung, begriindet von
dem StraBburger Jobann Philipp Haug, der
am 18. Dezember 1870 den Biirgereid fxir
Leipzig geschworen hat, iiber dessen Leben
aber bis zu seiner Ankunft in Leipzig Naheres
nicbt bekannt ist.
Man weiB nicbt, wo er gelernt hat, nicbt, wa-
rum er nacb Leipzig kam, nichts iiber die nahe-
ren Umstande seiner Selbstandigmachung.
Jedenfalls errichtete er mit 34 Jahren auf
der Grimmaischen Gasse sunter D. Plazens
Hause« (zwischen Nikolai- und RitterstraBe)
einen buchhandlerischen Betrieb, der von
vornberein olfenbar gut fundiertgewesen sein
muB.
Er verlegte Unterbaltungsliteratur, zahl-
reiche, aus dem Franzosischen iibersetzte
Werke und Biicher belehrenden Inhalts aus
den verschiedensten Wissensgebieten. Als er
nach wenigen Jahren im Alter von 3 7 V2 Jabren
starb, hinterlieB er seiner Witwe ein wohl-
geordnetes Geschaft, das fast 3000 Taler
wert war und das fur die damalige Zeit als
ein guter mittlerer Betrieb angesprochen
werden kann.
Die Witwe Haug fiihrte den Verlag durch
Ubernahme wissenscbaftlicher Werke fort
»ohne die Buchhandlung wesentlicb zu ver-
bessern«, bis sie 1789 eine zweite Ebe mit
Johann Ambrosius Barth schloB.
Uber ihn, von dem die neue Ara des Verlags
datiert, ist, ebenso wie iiber seinen Vorganger,
wenig bekannt. Seine Vorfahren, in einem
Dorf bei Merseburg seBhaft, baben sich bis
1669 nacbweisen lassen; er selbst lernte ver-
mutlich in Halle in der Buchhandlung des
Waisenbauses, war vielleicht Faktor bei
Haugs Witwe, jedenfalls gelang es ihm ver-
haltnismaBig rasch, das Geschaft wesentlicb
zu verbessern und den Verlag systematisch
auszubauen.