371
Er strebte danach, wissenschaftlich wert-
volle Werke zu verlegen und brachte solche
durcb Ankauf von fremden Verlagen an sicb.
Theologische und philosophische Werke ste-
hen zunachst an erster Stelle. Die Werke von
F. A. Carus, die erst jiingst wieder ausgegraben
wurden, waren ein besonders guter Griff. Mit
den »Annalen der Physik« aber, die Barth
1809 von der Rengerschen Bucbbandlung in
Halle iibernahm, gliederte er seinem Verlag
ein Unternehmen an, das noch heute, nach
140 Jahren, weiterbliiht.
Barths Verhaltnisse besserten sich standig,
trotzdem er in einer an Gescliaften un-
giinstigen Zeit wirken mufite, in der fremde
Herrschaft das Land bedriickte. Er starb
1813 als Opfer der freiwillig iibernommenen
Pflicbt der Mitdirektion der Militarlazarette,
am Spitaltyphus.
Sein Sohn Wilhelm Ambrosius Barth, der den
Verlag 1813—51 innebatte, erscheint als >der
eigenwilligste und vielseitigste aller Barths«.
Er hatte seinem Vater bereits einige Jahre
in der Fiihrung der Geschafte zur Seite ge-
standen, als er mit 23 Jahren die Firma uber-
nebmen mufite.
Er baute das Kommissionsgeschaft weiter
aus,vergrofierte den Verlag durcb Ubernahme
grofiangelegter wissenschaftlicher Werke,
darunter Bartschs Peintre graveur.
Eine schwierige Situation trat ein, als der bis-
herige Herausgeber der »Annalen«, Gilbert,
1824 starb. I. C. Poggendorffdamals noch weit-
hin unbekannt in der wissenschaftlicbenWelt,
bot sich energisch als Nachfolger an. Wenn
aucb seine Art Barth alsVerleger nicbt sympa-
thisch beriihren konnte, so iiberzeugte er sich
bei einem personlichenZusammentr effen rasch
von den personlichen und wissenschaftlichen
Qualitaten des stiirmischen Poggendorff.
Er iiberliefi ihm die Herausgabe der Annalen
und traf damit eine Wahl, die von unabseh-
barer Tragweite fur die naturwissenschaft-
liche Welt werden sollte.
Nach seiner Heirat, die Barth ein ansehn-
liches Vermogen brachte, war es ihm bei
gutem Fortgang der Verlagsgeschafte mog-
lich, sich wie seinVater fur buchhandlerisches
Vereinsleben und fur offentliche Aufgaben
zu interessieren: er war Deputierter des Leip-
ziger Buchhandels,Mitglied der Armenanstalt,
Stadtverordneter und Mitbegrunder des Leip-
ziger Kunstvereins.
Das so verheifiungsvoll gefiihrte Leben nahm
eine tragische Wendung. Der Verleger be-
gann zu bauen, Grundstucke zu erwerben, zu
spekulieren, fiihrte nichtsdestoweniger seinen
Verlag durcb Ubernahme grofier wissenschaf t-
licher Werke weiter, geriet in eine Krisis, die
er nicht iiberstehen zu konnen glaubte und
machte 1851 seinem Leben selbst ein Ende.
Vergessen war mit einem Schlag von der
lieben Mitwelt, was er geleistet und ihr ge-
geben hatte. »Weder seine eigene Familie,
noch der Borsenverein widmeten ihm offent
liche Worte des Gedenkens.«
Nur der Verein der Buchhandler zu Leipzig
hatte den Mut, in Anerkennung der von Barth
der Wissenschaft und dem Buchhandel ge-
leisteten Dienste, offentlicli zu sagen: sdrum
sei dem wurdigen Mann, dessen letzte Lebens-
tage ein Trauerflor umdiisterte, ein dankbares
Andenken bewahrt«.
Unter diesen schwier igen Umstanden iibernahm
die Firma Dr. Adolph Ambrosius Barth, der als
Privatgelehrter seinen Neigungen in Berlin
lebte. Seinem eisernen Fleifi und seiner Recht-
lichkeit gelang es, das schwankende Schiff
durcli alle Klippen siclier durchzusteuern.
Die Grundstiickskaufe des Vaters erwie6en
sich als wesentliche Hilfe, so schwierig die
Grundstucke auch zu halten waren.
1857 ist die schlimmste Zeit iiberstanden und
es geht aufwarts. Als Adolph Barth, erst
42 Jahre alt, 1869 sein Leben der Arbeit fur
andre beschliefien mufite, stand die Firma
gesichert da und wurde von einem der Briider,
Hans Barth, der bereits ein eigenes Kom-