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Von B. Arbeiter
Würfel, Karten, Brettspiele: In diesen drei Formen ist das
menschliche Bedürfnis am Spielen Gestalt geworden. Das
Aussehen der Würfel liegt fest, das Gesicht der Karten
und Brettspiele wandelt sich durch die Jahrhunderte bis
auf den heutigen Tag. Lassen wir die holzernen und
beinernen Spiele auBer acht, die Schachbretter etwa und
deren Figuren, die Dominosteine, so ist die Gestalt der
Spiele ein künstleriscbes Problem, das sowohl den bib
denden Künstler, wie den Bucbdrucker undVerleger ais
Hersteller angeht.
Beim Betrachten und Vergleichen der alten Spiele ergeben
sich kulturgeschichtliche Einblicke von hohem Reiz, ahn»
lich wie beim Beschauen der geschwisterlichen Bilder»
bogen. Wir wollen indes nur das an den Spielen be*
trachten, was sie uns ais Bilder sind, ohne dabei zu ver*
gessen, daB diese Bildform mehr ist ais nur Schmuck, daB
sie gestalteter Ausdruck eines Verhaltnisses zum Spielen
selbst, zum Sinn des Spiels, ist.
Spielgerate gehoren zum verganglichsten Gebrauchsgut
der Menschen, sowohl dem StoiF nach, wie dem Wesen
nach. Sie sind Papierstücke, bedruckt und in Riesen»
mengen hergestellt und bedeuten erst etwas mit dem
Regelwerk, das ihnen Leben gibt; schnell werden münd»
lich überlieferte Regeln vergessen, so sind auch die Karten
und Plañe wertlos und werden vernichtet. Darum stellen
Spielabteilungen in oíFentlichen und privaten Samm»
lungen (z. B. Altonaer Museum, Germanisches National»
museum, Altenburger Spielkartenmuseum) auch stets
kleine Kostbarkeiten vor. Sie erfüllen das Herz mit
doppelter Freude, sieht man doch die heitere Seite des
Menschenlebens dargestellt und begibt sich in ein Bereich,
das vom jugendlichen Leben des Menschen kündet, des
Kindes und des Erwachsenen. In dieser Gefühlshaltung
betrachten wir auch die bildlichen Darstellungen, die
„Derbheit" und „Naivitat" der Elolzsclmitte, die „Zier»
lichkeit" der Kupferstichgestalten, die „Frische" in der
Kolorierung. Ohne daB sie sich ais künstlerische Doku»
mente gebarden, haftet alten Spielen, wie sie dort hinter
den Glaswánden der Vitrinen liegen, samt und sonders
etwas Künstlerisches an.
Dann lesen wir wohl die Ñamen dieser Spiele. Manch
einem der Alteren mogen dabei Erinnerungen an glück»
liche Spielstunden der Kindheitstage kommen, wenn an
den früh hereinbrechendenWinterabenden die Petroleum»
lampe auf den Tisch gestellt wurde und man sich mit den
Geschwistern und Freunden voller Spieleifer um den
bunten Plan lagerte. Das neue AíFenspiel gemein, wer nur
gewinnt ist alies sein, das groBeBelagerungs» oderFestungs»
spiel, das Gansespiel, Schlangen» und Leiterspiele sind die
Ñamen. Daneben gibt es die Kartenspiele:Nümmerchen,
Schwarzer Peter, Glocke und Hammer, Schnadderadatt.
Ja, es gab auch eigenartige Zwischendinge zwischen
Bilderbogen und Spielplan, Bilderschriften ais fliegende
Blatter, z. B. den Neuen Irrgarten oder Historia vom Hl.
Augustino, in Reimen verfaBt durch Barthold Rothmann
Bernburgensem.
Schon bei solch einem Irrgarten es kam darauf an, unter
fortwahrendem Drehen des Blattes die Inschrift vom
Abenteuer im Irrgarten zu ertifteln - mochte der Drucker
es sich nicht versagen, geschmackvoll um denText herum
verschiedene Bildstocke aus seiner Sammlung mitzu»
drucken. Ein Stadtebildnis, flankiert von zwei Engeln,
ziert den Kopf des Schriftquadrats, links und rechts be»
gleiten Blumen die Zeilen, wáhrend unten zwei Land»
schaftsstücke den AbschluB bilden. Whe viel lustiger
wirken aber erst die für das Spielen notwendigen Holz»
schnitte des Affenspiels, in dem wir die Abenteuer des
Affen begleiten, „bisz so lange er die Krohn erreichet".
Macht ihm das Uberspringen der Brücke keine Schwierig»
keit, so wird er doch das Wirtshaus nicht meiden konnen
oder in den Brunnen plumpsen oder sich im Irrhof ver»
laufen, ja, der Gefángnisturm droht und ein vorzeitig
aufgestellterTod grinst ihn an. Es kann nicht verleugnet
werden, so schlicht und volkstümlichíderb jeder Plan auch
ist, er hat denWert, künstlerisch gestaltet zu sein und ist
durch eine Kluft von dem Kitsch geschieden, der, von
geringen Ausnahmen abgesehen, heute dem Káufer vor»
gelegt wird. Es sind namenlose Meister, Brief» oder
Kartenmaler, die diese Stücke zumeist schufen, Holz»
schneider und Kupferstecher, jene Künstler»Handwerker
also, die die Arbeit leisteten, die heute vergleichsweise
Gebrauchsgraphiker, Reklamemaler, Illustratoren und
Photographen herstellen.
Doch auch mit Ñamen von „Künstlern" konnen wir auf»
warten, wenn damit unserer Anregung mehr Gewicht
gegeben werden sollte. Wir gehen zu den ersten Kupfer»
stechern um 14/0 und den Holzschnittmeistern ein Jahr»
hundert spater. Da ist einer der ersten Kupferstecher der
„Meister der Spielkarten", Meister E S sticht zwei Karten»
spiele, Meister P W ein anderes. Spater sind mit Karten»