DEUTSCHER BUCH- UND STEINDRUCKER
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Wirkungen hervorrufen. Man konnte mir entgegnen,
baB Ungarn in einer viel giinstigeren Lage ist als
Deutschlanb. Darauf kann ich aber erwibern, baB
Ungarn zwei Drittel seines Gebietes, also zwei Drittel
bes Absatzgebietes ber ungarischen Druckinbustrie (zu
ihrem iiberwiegenb groBen Teile in ber Hauptstabt
konzentriert) verloren hat, unb unsere Kulturverhalt-
nisse sinb schon im vorhinein viel weniger entwickelt
gewesen. So muBte sich ber Riickschlag in ben Ver-
haltnissen ber Inbustrie viel schneller unb viel starker
fiihlbar machen als bei unsern beutschen Kollegen,
unb viele Probleme sinb bei uns viel schneller aktuell
geworben als in Deutschlanb. Ich glaube also, baB
meine SchluBfolgerungen auch fur Deutschlanb bie
gleiche Giiltigkeit haben werben als fur uns.
Wenn wir ben Preis bes Papiers, also unseres
wichtigsten Rohmaterials, untersuchen, werben wir
finben, baB bas Papier im allgemeinen teuer ist, also
hoher als bie allgemeine Teuerung im Preise stieg.
Zu ber Herstellung von einem Waggon Papier sinb be-
kanntlich zwei Waggons Kohle erforberlich! (In Ungarn
erreichte ber Papierpreis bie boppelte Golbparitat,
weil wir in Rumpfungarn kein Papier probuzieren,
sonbern alles importieren.)
Was bie Lohne im Druckgewerbe betrifft, hatte ich
Gelegenheit, im Laufe bes Sommers einen Vergleich
zwischen beutschen unb ungarischen Lohnen zu machen.
Ich konnte feststellen, baB biese Lohne nicht zu ben
besten heutigen Lohnen zahlen, baB also bas Gesetz,
baB bie Lohne jetzt im Verhaltnis zu niebrig sinb, in
unserm Berufe vollkommen gultig ist. Vor bem Kriege
gehorten namlich bie Buchbrucker zu ben bestbezahlten
Arbeiterkategorien.
Ich habe schon barauf hingewiesen, baB burch Ver-
teuerung ber Papierpreise unb Verbilligung ber Lohne
sich groBe Verschiebungen in ber Inbustrie zeigen,
bie vieles unmoglidi gemacht haben, was wir friiher
kannten, bagegen neue Moglichkeiten brachten. Das
Charakteristische ist aber, baB biese neuen Moglichkeiten
nicht in ber Richtung ber Massenprobuktion liegen.
Wenn wir priifen wollen, ob bie Drucksachenpreise
im allgemeinen teuerer ober billiger geworben sinb
(ich nehme als Grunblage bes Vergleiches immer bie
Kosten ber allgemeinen Lebensfiihrung, bie allgemeine
Teuerung), konnen wir bie Frage nicht so einfach
beurteilen, weil bie notwenbigen Daten nicht so leicht
zu beschaffen sinb.
Man klagt im allgemeinen uber teuere Druckpreise,
weil man eben iiber alles klagt, weil man nicht ein-
sehen will, baB, wenn alles teurer wirb, nicht gerabe
Drucksachen billiger werben konnen. Drucksachen
sinb eben nicht so unbebingt notwenbig als Brot,
Fleisch, Schuhe usw., unb man rebuziert seinen Ver-
brauch in bieser Hinsicht viel leichter als auf anbern
Gebieten.
Wenn man einen Vergleich Ziehen wollte, muBte
man gleiche Bebingungen als Grunblage vornehmen,
unb biese sinb eben nicht ganz vorhanben. Unb jetzt
kommen wir zu einem anbern wichtigen Punkte unserer
Betrachtung.
Ich muB also einen kleinen Seitensprung machen.
Wir haben vorhin ausfiihrlich untersucht, wie bie
Verminberung ber Probuktion im allgemeinen auf bie
Preise zuriickwirkt. Wenn wir untersuchen, wie sich bas
Gesetz, baB namlich bie Verringerung ber Probuktion
bie Erhohung bes Stiickpreises nach sich zieht, aus-
wirkt, werben wir sehen, baB bieses Gesetz bei unserm
Berufe eine ganz erhohte Bebeutung hat. Es hat bie
Erklarung, baB bie Vorbereitungsarbeiten, insbesonbere
bie Herstellung ber Druckform, also bes eigentlichen
Werkzeuges, bei uns mit ganz besonbers hohen
momentanen Kosten unb mit ganz besonbers hohen
Kapitalsanlagen unb komplizierter Betriebsorganisation
verbunben sinb. Man kann wohl behaupten, baB
bie Massenprobuktionsmoglichkeiten bas eigentliche
Lebenselement ber Druckinbustrie sinb, in ihr liegt
ihr Heil unb ihre eigentliche Bebeutung fur Kultur
unb Volkswirtschaft. Die Verminberung ber Absatz-
moglichkeiten bebeutet fiir uns nicht nur schlechten
Geschaftsgang, geringere Verbienstmoglichkeiten, son
bern eine ernste unb gefahrvolle Krise, wie biese fiir
anbere Inbustrien nicht so leicht eintreten kann!
Wenn man also untersuchen will, ob Druckpreise
im allgemeinen hoch ober niebrig sinb, barf man
biesen Umstanb nicht aus ben Augen lassen! Druck
preise konnen nur bei gleicher Auflage verglichen
werben! Unb bann wirb ber Vergleich zeigen, baB
bie Druckpreise bei kleinen Auflagen, wo also viel
Hanbarbeit, wenig Maschinenarbeit unb wenig Material
kalkuliert werben muB, unbebingt billiger geworben
sinb, hingegen bei groBen Auflagen, wo also bie billige
Hanbarbeit nicht mehr so entscheibenb ins Gewicht
fallt, unb wo bas teuere Papier schon mehr mitspricht,
vielleicht teurer als friiher sinb! Das natiirlich bei
reeller, objektiver Kalkulation unb bei Vergleichung
ber gleichen Auflage Anno 1914 unb 1923!
Ziehen wir aber in Betracht, baB bie Durchschnitts-
auflagen kleiner geworben sinb, scheint es boch wahr
zu sein, baB bie Kunbschaft teurer zu ihren Druck
sachen kommt! Unb wenn wir baran benken, baB
eben burch Verminberung ber Arbeit bie Konkurrenz
sehr scharf wurbe unb so bie Einrechnung ber schlechter
verteilten Regiekosten unmoglich wirb, ist es ganz
sicher, baB bie Druckinbustrie jetzt schlechtere Preise
erzielt als friiher. Beibe Parteien haben also bie
berechtigte Ursache zum klagen.
Ich hatte Gelegenheit, am Goteborger Buchbrucker-
kongreB mit verschiebenen Kollegen zu sprechen. Alle
mitteleuropaischen Kollegen behaupten, baB beiPriifung
bes Gesamtabsatzes jetzt ein viel groBeres Prozent
ber Einnahmen auf Papier unb ein viel geringeres
Prozent auf Arbeit unb Unkosten entfallt als vor bem
Kriege. Man muB also ein viel groBeres Kapital ein-
setzen unb erzielt ein geringeres Ergebnis. Wo nimmt
man aber bieses Kapital her? Im allgemeinen wohl
aus bem Betriebe, weil man eben alle Neuanschaffungen,
alle notigen Reparaturen, bie so notwenbige Pflege
unb stetige Erneuerung bes Betriebes vernachlassigt,
um bas Lager einigermaBen auf bem gleichen Stanb
zu halten ober giinstigenfalls zu heben! Was ist
bas anbers als latenter Ausverkauf bes Betriebes
zugunsten ber Kunbschaft ober im giinstigsten Falle
zugunsten bes eigenen Lagers?
Ich nehme wieber ein Beispiel aus ber Praxis.
Ich habe einen Verlag fiir Formulare fiir Behorben.
Es gibt eine Anzahl solcher Verlage unb Druckereien
in Ungarn. Durch bie Verstiimmelung bes Lanbes
haben wir zwei Drittel bes Absatzgebiets unb einen
viel kleineren Teil ber Konkurrenz verloren. Das er-
gab eine ganz empfinbliche Verminberung ber Durch-
schnittsauflagen. Durch bie Einheitspreise fiir bie vier
Hauptformate habe ich es sehr leicht, meine eigene
Kalkulation unb bie allgemeine Preisbilbung bei meinen
Kollegen zu vergleichen. Wahrenb nun unsere Stiick-
preise wahrenb bes Krieges langsam aber stetig unter
bie Friebenspreise riickten, sinb wir jetzt burch bie
Verteuerung bes Papiers beinahe wieber auf bem
Friebensniveau angelangt. Wahrenb aber im Frieben