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Iliustrirten, das die Abenteuer eines Spions an-
kündigte, wird heute noch in unserem Ge-
dachtnis lebendig sein. Denn in der Wieder-
holung liegt ja die Starke des Plakatanschlages,
und es spielt durchaus keine Rolle, dab man nicht
jedes Plakat sofort beim ersten Blick voll erfabt,
denn man begegnet ihm immer wieder, im dich-
testen Verkehr des Stadtzentrums wie in den
Straben der Vororte. Auch ist es ja nicht die Auf-
gabe des Plakates, die Zeitung zu ersetzen. Man
sucht und bringt kein Feuilleton an der Saule,
sondern es gehort schon zu den Binsenweis-
heiten, dab dem Plakat die Rolle des Rufers, des
Hinweises und des Mahners eigen ist; und
gerade weil es so ist, bedeutet manchmal ein be-
wubtes Abgehen von dieser Regel besonderen
Erfolg, siehe Wahlplakate, Aufrufe u. dgl.
Es ist nur zu begrüben, wenn von irgendeiner
Seite der Versuch unternommen wird, Wandlun-
gen und Besserungen anzuregen. Aber es ist
gleichfalls niemanden zu verdenken, wenn er
gegen die Ausführungen Protest erhebt, weil sie
zum Teil auf falschen Voraussetzungen beruhen
und Erscheinungen als Muster und Vorbild hin-
stellen, die Ergebnisse einer völlig anders ge
lagerten Entwicklung und zumTeil sogar nur durch
die Wirtschaftskrise bedingt sind. Gemeint ist der
als Musterbeispiel so oft zitierte Plakatanschlag
in der Schweiz. Das ganze Anschlagwesen be-
kommt sofort ein anderes Gesicht, wenn man
nicht mehr wie hier in Deutschland mit einer Viel-
zahl von Formaten zu rechnen hat, sondern wie
in der Schweiz jedes Plakat, das zum Anschlag
gelangt, dem von Professor Oswald vorgeschla-
genen Universalformat (90,5X128 cm) entspricht.
In Deutschland mübte zuerst einmal ein solches
Normalformat eingeführt werden, bevor man an
eine Umwandlung der Reklametrager denken
kann. Das ist aber schon eine gewaltige Auf-
gabe, urn so mehr, da es viele Reklame-Grob-
kunden gibt, die gerade in der freien Wahl des
Formats ihrer Plakate, wenn auch das Dinformat
zumeist die Grundlage bildet, eine auberordent-
iiche Steigerung des Werbewertes sehen. Zum
anderen kann man gerade jetzt sowohl in der
Schweiz als auch hier in Deutschland vielfach
beobachten, dab Plakate der Markenartikel-
industrie nicht nur einmal, sondern bisweilen
drei-, vier- und fünfmal an einer Anschlagflache
nebeneinander angeschlagen sind. Dadurch wird
natürlich eine gewaltige Wirkungssteigerung er-
zielt, und es können selbst Plakate, die sonst
kaum Beachtung fanden, bei dieser Klebeweise
die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Es ware
aber völlig verfehlt, diese Art der Werbung als
Regel zu bezeichnen und nun etwa von den
Piakatinstituten zu verlangen, so und nicht anders
den Anschlag durchzuführen. Denn dies alles ist
weiter nichts als eine Mabnahme mancher An-
schlag-Unternehmer, die den freien Raum lieber
durch ein Mehrfach-Kleben ausfüllen, als dab sie
durch nur zum Teil belegte Flachen den Gesamt-
eindruck des Anschlages ungünstig beeinflussen
lassen.
Der Gedanke, die Plakatsaule zu reformieren,
ist schon mehrfach erwogen worden. Ich möchte
nur an den Aufsatz: „Reform des Anschlag-
wesens" in Heft 3, Jahrgang 5 dieser Zeitschrift
erinnern. Auch hier ist von der Schweiz das
Normplakat übernommen worden und als Re
klametrager eine eckige Normplakatsaule, die
in eine entsprechende Anzahl gleich grober
Felder aufgeteilt ist, in Vorschlag gebracht. Aber
das sind, wie ich schon erwahnen konnte, Lö-
sungen, die an ein einheitliches Plakatformat ge-
bunden sind und zum anderen eine so gewaltige
Kapitalinvestition von seiten des Plakatanschlag-
Unternehmers erfordern, dab an ihre Durch-
führung in Krisenzeiten gar nicht gedacht wer
den kann.
Es trifft auch nicht zu, dab die Plakatsaule
jahrzehntelang unverandert übernommen wurde.
Kopf und Sockei haben oft eine Wandlung er-
fahren, und es sind z. B. vom Stadte-Reklame-
Konzern beim Ausbau des Anschlagnetzes für
manche Stadte Lösungen gefunden worden, die
in Form und Ausführung sich vorzüglich in das
modernste Strabenbild einpassen. Man hat es
sich Mühe kosten lassen, eine den Interessen
der Rekiametreibenden dienende, den Stadt-
behörden zusagende Form der Saule zu finden.
Man sieht also in den Kreisen der Plakat-
cnschlag-Unfernehmer durchaus nicht tatenlos zu
und ist bemüht, mit der Zeit zu gehen. Aber ich
kann mir denken, dab eine Zusammenarbeit
aller Interessenten schneller zu einer befriedi-
genden Lösung führen könnte. Jedes Werbe-
mittel hat seine eigenen Gesetze, gegen die man
nicht verstoben darf, wenn der Erfolg eintreten
soil, und es geht nicht an zu sagen: „Aendert
den Plakatanschlag", wenn man oft genug mit
mehr Recht sagen könnte: „Schafft Plakate, die
die Strabenluft vertragen können und keine
blassen Ateliergewachse sind."
Der das Plakat gestaitende Künstler, die
Druckerei, die es vervielfaltigt, und das In-
stitut, das ihm seinen Platz an der Saule oder
Tafel gibt, stehen alle im Dienste der einen Idee,
Bestes zu leisten im Interesse des rekiame
treibenden Unternehmers, und ich bin der festen
Ueberzeugung, dab die deutschen Plakat-
anschlag-lnstitute jeder Anregung folgen wer
den, die wirklich einer vernünftigen und zweck-
mabigen Umgestaltung des Plakatanschlags dient
und seinen Wert für den Rekiametreibenden
erhöht.